#Hambi #FridaysForFuture ##holdyourbreath.
In Deutschland bewegt sich was. Und zwar zum Guten. Immer mehr Menschen wollen den Planeten retten. Immer mehr sehen ein, dass sie ihr eigenes Verhalten ändern müssen, um das zu tun. Und immer mehr wollen eine Politik, die sich an der Rettung des Planeten, der Umwelt, der Arten durch Handlungen beteiligt.
Und wem haben wir und die Welt das zu verdanken? Richtig, Greta und dem Internet. Was? Wie bitte?! Greta, das schwedische Mädchen, ohne das es nie eine FridaysForFuture-Bewegung und deren Folgen gegeben hätte. Na gut, werden da einige sagen. Aber das Internet? Das ist doch nun wirklich für nichts gut, außer Pornografie, Katzenbilder und Zalando. Ironischerweise haben die Bewegungen der letzten Monate auch das widerlegt.
Kurz bevor wir uns alle darauf geeinigt hätten, das ganze Ding abzuschalten (vgl. Blogbeitrag vom 13.06.2019), haben das gute alte Internet bzw. die sozialen Medien gerade noch mal die Kurve gekriegt. Sie können also doch etwas.
Sie sind mehr als nur ein zentrales Werkzeug für alle, die etwas bewegen wollen. Ohne Social Media hätte es keine Bewegung gegeben. Im Fall von FridaysForFuture ist es klar: sonst hätte kaum aus der Einzelkämpferin Greta in Schweden in wenigen Wochen eine weltweite Massenbewegung werden können. Im Fall des Hambacher Forsts ist es etwas komplexer: Denn natürlich gab es ähnliche Protest-Bewegungen schon vorher und die Menschen, die dort mit unglaublichem Einsatz gegen die Rodung des Waldes und gegen die Kohle gekämpft haben, die hätten das auch ganz ohne Social Media getan.
Neu war hingegen die schnell wachsende Masse an solidarischen Menschen und aktiven Unterstützerinnen. #hambi wurde eine digitale Unterstützerinnen-Bewegung, die den Druck auf RWE und die nordrhein-westfälische Landesregierung enorm verstärkten. Die Umweltaktivistinnen und Umweltaktivisten, die den Wald besetzten, bekamen nicht nur viel mehr Öffentlichkeit als zu Zeiten der rein analogen Berichterstattung, sie bekamen aktive Unterstützerinnnen und Unterstützer, die nicht nur digital partizipierten, sondern zuhauf am Ende selbst in den Hambacher Forst kamen und an Großdemonstrationen teilnahmen.
Diese beiden Bewegungen bleiben vorerst außergewöhnlich. Denn gewöhnlicher Weise interessiert sich doch weiterhin kaum jemand für politische Themen in Social Media. Also außerhalb der Berliner Politik-Blase, in der alles reflexartig kommentiert, geteilt und geshitstormt wird. Oder? Sind wir vielleicht an einem Punkt und in einer Zeit angekommen, in der sich die Gesellschaft politisiert? Und das am Ende eben genau durch Social Media? Natürlich gehören dazu auch die vermeintlich schlechten Seiten, also die viel besprochene Verrohung der Sprache, die schnelle Dramatisierung und Eskalation, die Unsachlichkeit und Emotionalisierung von Debatten.
Mal ganz abgesehen von der großen und eigentlichen Schattenseite: Social Media dient natürlich auch (und leider immer noch vor allem) der rechten Seite, den Rechtspopulisten, Rechtsradikalen, Nazis und Rechtsterroristen. Sie alle gemeinsam multiplizieren Hass und Gewalt über diese Kanäle so stark, dass es am Ende zu Mord und Totschlag führt. Zu einem digital organisierten und digital wie analog ausgeführten Terrorismus. Umso wichtiger, dass wir die Gegenseite immer stärker und größer machen. Dass wir nicht den Bösen das Feld überlassen. Keinen Fußbreit den Faschisten. Das muss überall, analog wie digital, die Haltung sein.
Wieviel Mensch bist du noch?
Akzeptiere ich aber die Existenz meiner Mitmenschen und nehme bewusst am Leben in Gesellschaft teil, dann muss mich automatisch interessieren, wie lange beispielsweise dieser Planet noch bewohnbar ist und was eigentlich aus dieser Natur wird, in die wir gerne am Wochenende fahren, um dort Plastikverpackungen liegen zu lassen. Oder auch, ob es tatsächlich in irgendeiner Form vertretbar ist, Menschen bewusst ertrinken zu lassen und am Ende noch diejenigen zu bestrafen, die versucht haben, sie zu retten.
Auch die Seenotrettungs-Initiativen haben von Social Media profitieren können. Leider noch nicht in dem Ausmaß wie FridaysForFuture. Vielleicht fehlt nur der richtige Hashtag. Dabei sollte es ein ebenso indiskutables Selbstverständnis sein, Menschen nicht ertrinken zu lassen. Und wenn man eben nicht selbst aufs Meer raus kann, um die Menschen zu retten, dann unterstützen wir natürlich die, die das stellvertretend für die Menschlichkeit tun. Oder was ist deine Rolle in diesem Fall? Bist du auf der Seite der Retter oder derjenigen, die ertrinken lassen? Nicht erst seit dem schlimmen ZEIT-Artikel, indem eine Redakteurin tatsächlich ein „Pro und Contra“ zu dieser Frage geschrieben hatte. Es geht hier aber nicht um Argumente. Es geht darum, wieviel Mensch man noch ist. Soziale Medien können hier nur das Thema und die Frage verbreiten und dazu aufrufen, verdammt noch mal zu helfen:
https://sea-watch.org/
Und jetzt kommt mir nicht mit „Kommt immer auf die eigene Meinung an, ob eine Bewegung gut oder schlecht ist“. Ja, natürlich – es kommt immer auf die eigene Meinung an. Kommt ja auch auf die eigene Meinung an, ob ich Nazi bin oder nicht. Oder Kinderehen gut finde. Oder was auch immer. Natürlich: es kommt auf die eigene Meinung an. Und genau deshalb ist es wichtig, dass sich humane, friedliche, ökologische Meinungen durch Social Media verbreiten. Und nicht die, die zu Hass, Gewalt und Krieg führen. Fertig aus.
Dazu zählt natürlich auch, dass Social Media genutzt wird, um Menschen eine Stimme zu geben. Hier gibt das Internet erstmal einen einigermaßen anonymen Schutz, um mehr und mehr herauszukommen, mit der Sprache, mit der Wahrheit, mit sich selbst. So geschehen unter dem #metoo. Opfer von sexueller Gewalt, Opfer von sexistischem Verhalten. Nicht nur konnten sie hier teilweise zum ersten Mal darüber sprechen, davon erzählen, was ihnen passiert war. Sie empfanden massenhaft Empathie und Solidarität. Nicht nur von denen, denen es ähnlich ergangenen war – #metoo.
Über den Tellerrand der Gesellschaft
Warum habe ich das jetzt überhaupt erzählt? Weil wir bei part beschlossen haben, eine Meinung zu haben. Und Haltung. Und keine Agentur zu sein, die sich prostituiert. Wir wollen Gutmenschen sein und keine Schlechtmenschen. Nur weil wir Kreative, Developerinnen, Filmemacherinnen, Fotografinnen, Gestalterinnen oder Beraterinnen sind, heißt das noch lange nicht, dass wir nichts für die Gesellschaft tun können. Dass wir nichts Gutes beitragen können. Oder dass wir das nur privat machen können. Wir glauben, es gibt genug Institutionen, Organisationen, Gruppen und auch Unternehmen, die gute Sachen machen und wichtig für die Gesellschaft sind.
Und wenn wir es schaffen, die zu unterstützen, mit dem was wir können, dann braucht hier auch keiner zu lügen, wenn er gefragt wird, wo und was er arbeitet. Bei part zu arbeiten, bedeutet auch sich zu beteiligen, mitzumachen, zu unterstützen und natürlich auch zu partizipieren. Und zwar nicht nur an part, sondern an der Gesellschaft und über deren Tellerrand hinaus. Denn weder Mütterrente noch das Gute-Kita-Gesetz bringt uns was, wenn wir unseren Planeten vor die Hunde gehen lassen.